Wir arbeiten an Anwendungen der Statistik für Prozesse in der Finanzmarktökonometrie. Ein besonderer Schwerpunkt unserer Forschung liegt bei den Anwendungen auf hochfrequente Innertages-Finanzdaten.
Für viel gehandelte Aktien sind inzwischen Handels- und Orderbuch-Daten mit einer enormen Datentiefe verfügbar ("Big Data"). In elektronischen Handelsplattformen mit Limit-Order-Buch werden oft mehrere Preisänderungen pro Sekunde für einzelne Aktien aufgezeichnet. Die Modellierung und Analyse solcher hochfrequenter Finanzdaten wird immer wichtiger, da ein hoher Anteil von etwa 70% des Handelsvolumens im Hochfrequenzhandel liegt. Die Finanzmathematik, mit ihrer Theorie von effizienten Märkten und Arbitragefreiheit, motiviert Semi-Martingale als eine geeignete Klasse von stochastischen Prozessen, um logarithmierte Preisentwicklungen zu modellieren. Eine Charakteristik solcher Semi-Martingale ist die Volatilität, welche intrinsisches Risiko durch Preisschwankungen beschreibt. Im mehrdimensionalen Fall beinhaltet eine Volatilitätsmatrix auch die Korrelationsstruktur des Portfolios. Sprungkomponenten eines Semi-Martingals können plötzliche große Preisänderungen als Reaktion auf Neuigkeiten und ökonomische Schocks modellieren. Preise, die auf höchster Frequenz an elektronischen Märkten aufgezeichnet werden, sind durch marktspezifisches Mikrostrukturrauschen beeinflusst. Deswegen werden komplexere Beobachtungsmodelle mit Rauschen benötigt. Die Schätzung der Volatilitätsmatrix und Methoden, um das Rauschen, Sprünge und die stetige Preisdynamik für solche Modelle zu trennen, sind Forschungsthemen der Arbeitsgruppe.
Die Methoden werden unter anderem angewendet, um systemische und idiosynkratische Risikofaktoren zu unterscheiden. In einem gemeinsamen Projekt (siehe Kooperationen) mit Lars Winkelmann von der FU Berlin und Forschern der Europäischen Zentralbank (EZB), haben wir hochfrequente Innertages-Finanzdaten unterschiedlicher Staatsanleihen ausgewertet, um Kommunikationsstrategien und Verfahren zur Marktregulierung zu bewerten. Um systemische Risikofaktoren in großen Portfolios zu analysieren, beginnen wir aktuell eine Theorie zur Statistik hochdimensionaler, hochfrequenter Daten zu entwickeln.