Oberseminar ZAHLENTHEORIE
Women in the History of Mathematics
Datum: | 04.07.2022, 12:00 - 23.05.2022, 14:00 Uhr |
Kategorie: | Fakultät für Mathematik und Informatik, Veranstaltung |
Ort: | Hubland Nord, Geb. 40, SE40 |
Vortragende: | Eva Kaufholz-Soldat (Koblenz) |
“All manner of gymnastic evolutions” - Dorothea Klumpke (1861-1942) und ein Leben für die astronomische Forschung.
Auch wenn das 19. Jahrhunder sicherlich nicht arm an außergewöhnlichen Familien war, fällt es schwer, eine der Klumpke-Familie vergleichbare zu finden. Denn in einer Zeit, in der für Frauen, in denen die Familie nicht auf ihr Einkommen angewiesen war, wenig mehr Rollen als die der Hausfrau und Mutter vorgesehen waren, erhielten alle fünf Klumpke-Schwester nicht nur eine akademische Ausbildung. Vier von ihnen waren anschließend auch ihr gesamtes Leben beruflich tätig, obwohl es keinerlei Notwendigkeit dafür gab – für alle vier war ihr Beruf auch ihre Berufung.
In diesem Vortrag wollen wir uns eine von ihnen, Dorothea Klumpke, etwas genauer anschauen, die als eine der ersten Frauen in Frankreich Mathematik studierte und anschließend ihre Begeisterung für die Astronomie entdeckte, der sie sich fortan bis zu ihrem Ruhestand mit über 70 Jahren widmete. Wir werfen einen Blick auf die vier Phasen ihrer Karriere, in denen sie in unterschiedlichen Kontexten und damit verbunden mit unterschiedlichen Schwerpunkten forschte, um so die Möglichkeiten für die Partizipation von Frauen an der Produktion von Wissen im langen 19. Jahrhundert näher zu beleuchten.
Aufgrund von Klumpkes vielseitigen Interessen wird gleichzeitig ein Einblick in das breite Spektrum der astronomischen Forschung der Zeit möglich. In diesem Zusammenhang diskutiere ich, welche Rolle Amateure in der Astronomie spielten, was (oder genauer: wer) Computer ursprünglich waren, warum Popularisierer genau wie die breite Masse Ballonfahrten schätzten und ob es tatsächlich astronomische Objekte gibt, die sich einfach nicht photographieren lassen und bislang nur von drei Menschen gesehen warden konnten.
Nicht zuletzt werden andere Wissenschaftlerinnen und insbesondere einige von Klumpkes Schwestern einen kurzen Auftritt haben, darunter Augusta (1859-1927) , die eine berühmte Neurologin wurde und gemeinsam mit ihrem Mann Jules Déjerine (1849-1917) forschte, und Anna (1856-1942), die sich als Malerin einen Namen machte und später in einem “Boston Marriage” mit der noch viel berühmteren Malerin Rosa Bonheur zusammenlebte. Auf diese Weise entsteht ein breites Bild, in dem zumindest angerissen wird, welche meist außerhalb ihres Einflussbereichs liegende Voraussetzungen für Frauen notwendig waren, die um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert als Forscherinnen tätig sein wollten und wie es einigen von ihnen, allerdings nicht ohne metaphorishe Verrenkungen, gelang.